Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2014

Man muss wirklich nicht großartig herumlamentieren: die Wahl des Europaparlaments 2014 zeigt aufs deutlichste das Versagen der seit Jahrzehnten etablierten Parteien an.

Lediglich die national ausgerichteten Volksparteien haben es geschafft, WählerInnen zu mobiliseren. Und diese Hausaufgaben haben sie anerkennenswerter Weise sehr gut bewerkstelligt bekommen.

Hier tun sich ganz neue politische Tendenzen auf. Erstens, die nationalistisch orientierten Parteien gewinnen zunehmend Wählerstimmen und somit demokratische Legitimation. Zweitens, diese politischen Strömungen haben eine demokratisch gesehen aktive Wählerschaft, die auch an die Urnen geht. Drittens, die tradierten Parteien nähern sich in ihren Inhalten und Ergebnissen einander immer mehr an und verlieren dadurch immer mehr an gesellschaftlichem Profil und damit, wie man unschwer an der Wahlergebnissen erkennt, demokratischer Legitimation.

Nun aber zu der Betrachtung der Wahlergebnisse hinsichtlich Wahlbeteiligungen und Anzahl der antretenden Parteien bei der Europawahl 2014.

Da fällt zunächst auf, dass die Wahlbeteiligungen sehr unterschiedlich sind (TAZ, 27.5.2014,S.2,  Wahlergebnisse aller EU-Mitgliedsstaaten).

Sie reichen von
–  beschämenden 10-20% in der Slowakei (13%) und Tschechien (19,5%),
– peinlichen 20-30% in den Ländern Kroatien (25,6%), Polen (22,7%), Slowenien (20,96%) und Ungarn (28,9%)
– ungenügenden 30-40% in den Ländern Bulgarien (35,5%), Estland (36,4%), Finnland (38,6%), Lettland (30,04%), Niederlande (37,0%), Portugal (34,5%), Rumänien (32,16%, Vereinigtes Königsreich (34,2%),
– unzureichenden 40-50% in den Ländern Deutschland (47,9%), Frankreich (43,5%, ), Litauen (44,91%), Luxemburg (43,1%), Österreich (45,7%), Schweden (48,8%), Spanien (45,9%), Zypern (43,9%)
– halbwegs akzeptablen 50-60% in den Ländern Dänemark (56,4%), Griechenland (58,2%), Irland 51,6%), Italien (60,0 %),
und guten Wahlbeteiligungen ab 60% bis 100% in den Ländern Belgien (90,0%) und Malta (74,8%).

Von den 28 Nationen haben nur knapp über 21% eine halbwegs akzeptabale bis gute Wahlbeteiligung aufzuweisen. Knapp 80% haben eine beschämende bis unzureichende Wahlbeteiligung. Insgesamt gesehen ist die Wahlbeiligung nur unwesentlich höher (43,9%) als im Jahr 2009 mit 43,0 %.
Deutschland hat im EU-Parlament die meisten Sitze (96) und die meisten Parteien aufzuweisen (inges. 15), die sich um diese Sitze beworben haben. Damit ist Deutschland im europäischen Vergleich das Land, wo sich rein politisch gesehen am meisten tut, denn im Durchschnitt traten nur vier Parteien an pro Nation an.
Natürlich ist es ein sehr erfreuliches Ergebnis, wenn sich alleine in unserem Land ganze 15 Parteien um einen Sitz im Europaparlament beworben haben. Das ist wirklich aussergewöhnlich und zeigt die politisch-gesellschaftliche Dynamik an, die in Deutschland allenthalben auch im Alltag spürbar wird. Das ist für mich persönlich ein tolles Ereignis, denn eine pluralistische Gesellschaft ist mir allenthalben lieber als eine sich auf nur wenige Parteien verteilende gesellschaftlichspolitische Ausprägung.
In diesem Zusammenhang darf man auch das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.2.2014  als wegweisend und freiheitlich-demokratisch hervorragend bewerten, das die Drei-Prozent-Klausel bei den Europawahlen in Deutschland für verfassungswidrig erklärte. Dieses Urteil ist wahrhaftig eine schallende Ohrfeige gewesen für die klassisch etablierten Parteien in Deutschland und auf europäischer Ebene. Erinnern wir uns. Erst 2011 hat desselbe Gericht die Fünf-Prozent-Hürde gekippt. Und was gab es da für einen Aufstand in den Etabliertenkreisen unserer Parteienlandschaft! Selbst das Europäische Parlament forderte Mindesthürden! Wie es wohl kommt?!  Eigentlich ist es ganz einfach. In genau diesem Paralement haben sich die etablierten Parteien ja seit Jahrzehnten breit gemacht und wohligst eingerichtet! Und nun sahen sie ihre festen und vom Volk gar nicht mehr nachzuvollziehenden, auf parteilichen Absprachen basierenden Koalitionen dahinschwimmen. In der Folge des Urteile von 2011 versuchte die Parteiensoldateska in Deutschland, eine Drei-Prozent-Hürde aufzubauen. Und auch diese scheiterte vor dem Bundesverfassungsgericht.
Ich bin kein Jurist und ich kenne mich nicht so gut aus in rechtlichen Fragenstellungen unsere Gesellschaft betreffend, doch für mich waren diesen weitreichenden Urteile und Beschlüsse ein Zeichen der Freiheit. Ja, ich darf es zugeben, sie nahmen mir für einige sehr schöne Momente die Traurigkeit, die mich seit ungefähr drei Jahren nicht mehr loslässt. Die Freiheit wird von unserem obersten Gericht gesichert! Das ist ein sehr gutes Zeichen für unsere Demokratie und die ihr zugrunde liegende Gewaltenteilung. Schade nur, dass die etablierten Parteien das nicht von selbst erkennen wollten und erst eine Bundesverfassungsgericht sich damit befassen muss. Das ist traurig!

Die Wahlbeteiligung ist ein guter Indikator für das Interesse der Bevölkerung an – in dem Fall – europäischer Politik. Interessant ist für mich, dass die tradierten Parteien zum Thema Wahlbeteiligung und politische Aktivierung der Bevölkerung stets ausweichender antworten. Sie mögen diesen Indikator nicht! Eine der Standardantworten ist seit Jahren:“Ja, dagegen müssen wir etwas unternehmen!“

Tolle Wurst. Wann denn?! Ok, die tradierten politischen Systeme sind gekennzeichnet von einer tendenziösen und gar nicht mehr sublimen Art des Andienens und schnödestem Karrieretum. Warum soll man als etwas ändern am System, wenn doch die repäsentative Demokratie sich egal wo auf einfachste Weise rechtlich abgesichert hat und sei die Wahlbeteiligung noch so gering!?! Also, selbst wenn bereits unter der Hälfte der Wahlbevölkerung an die Urnen geht, die Ergebnisse sind rechtlich gesehen immer zu werten und erhalten damit einer immer fragwürdigeren Status quo. Das gleicht in mancher Hinsicht schon bestehenden oder vergangenen diktatorischen Gesellschaftsystemen. In diesen gibt und gab es auch Wahlen – teils sogar mit Wahlpflichten – und man konnte wählen, was man wollte, es änderte sich nichts. Das ist bei einigen repräsentativen demokratischen Systemen inzwischen ganz genauso. Selbst wenn das Wahlvolk zu über der Hälfte nicht mehr an die Urnen geht. Die VertreterInnen der sich seit Jahrzehnten wie die Maden im Speck in den Demokratien eingenisteten Parteien sehen nie eine Veranlassung, dieses System abzuändern. Und vielerorts vernimmt man dann die standardisierte wie dröge Antwort:“Dieses System ist das beste auf der Welt! Kennen Sie ein besseres!?“.

Dieses abgehalfterte Totschlagargument wird natürlich nur von den Maden selbenutzt, denn die sitzen ja bereits im und am Speck. Und die tradierten Parteien und ihre servile Dienerschaften treten natürlich niemals im Leben an, die Systeme zu verjüngen oder gar dahingehend zu ändern, dass die Mehrheit der Wahlbevölkerung wieder eine echte Auswahl hat. Warum auch!?!

Das bereitet m. E. den nationalistisch orientierten Parteien erst den Boden und sie werden von Tag zu Tag stärker. Und diese planen eben gerade KEINE die Menschenrechte beachtenden Vorhaben. Sie wollen raus aus dem EUO, sie sind gegen Zuwanderung, sie sind gegen die Durchmischung der verschiedenen Rassen und sie sind gegen die religiöse und weltanschauliche Freizügigkeit. Sie dienen sich machtvollen Neofeudalismen an oder schaffen sie sogar selbst. Sie bedienen dich der durch vermeintlich demokratische Parteien etablierten kleptokraten Strukturen und letzten Endes wird die demokratisch-freizügige Gesellschaft dadurch in den Abgrund gestossen. Und unsere etablierten Parteien haben dazu überhaupt keine Antworten mehr, denn schliesslich nähren sie sich zum Teil seit Jahrzehnten am Speck, den das Volk Tag für Tag für sie bereitstellt. Also werden ihre Profilierungen immer seichter und sie nähern sich einander von Tag zu Tag mehr an und bilden dann in ihrer Not Koalitionen. Wenn man das Glück hat, dieses Systeme kritschen Auges schon mehrere Jahrzehnte beobachten zu fürfen, dann fällt diese Verflachung ehemaliger politisch-inhaltlicher Opponenten deutlich ins Auge. CDU-SPD-Koalitionen, Grünen-CDU-Koalitionen – ehemals (vor ca. 8-15 Jahren) unmach- und denkbar – sind inzwischen gesellschaftsfähig. Hauptsache an die Macht kommen und um jeden Preis diese Macht auch halten. DAS ist angesagt. Nichts anderes mehr. Der Blick auf die gesellschaftlichen Realitäten wird durch die und in den parteilichen Dienerschaften immer mehr verwässert, getrübt und zeitweise bilden sich die hohle Phrasen-Dreschereinheiten der Parteisoldateska doch dann wirklich und wahrhaftig ein, ihre Realität sei die, die wirklich und wahr ist.

DAS genau zerlegt jede Gesellschaft, sei sie demokratisch oder diktatorisch. Wenn die Machthabenden ihre Macht dazu missbrauchen, sich anzumaßen zu wissen, was das Volk braucht! Und so ist auch die gerade vergangene Europawahl 2014 m. E. nur noch ein Mosaikstein des Niedergangs der freizügigen, die Menschenrechte durchgehend beachtenden und sichernden Pseudodemokratien. Denn das Volk ist nur mit ganz wenigen europäischen Ausnahmen überhaupt noch mehrheitlich an dem Europaparlament, der Europäischen Kommission, dem Brüsseler Europa als solches interessiert! Und die nationalistischen Tendenzen werden von Tag zu Tag stärker, weil eben die etablierten „Wir wissen was für euch gut ist-Parteien“ schlicht und einfach auf ganzer Breite versagen und durch ihre Machterhaltungslamenti gerade und erst recht den Vorschub der nationalistischen, fremdenfeindlichen und die Freizügigkeit und damit die Freiheit beschneidenden Gesellschaftskräfte erzeugen.

Vielleicht muß das so sein und man kann nur zusehen. Leider nützt es gar nichts, in die tradierten Parteien einzutreten, denn diese auf sublimen Wohlgefallen bezeugen basierenden Alte-Herren-Clubs  sind gar nicht mehr in der Lage, gesellschaftliche Brennpunkte konkret anzugehen, da sie sie in ihrer verfetteten und damit trägen Weltverbrämung auch gar nicht mehr erkennen wollenund können. Noch weniger nützt es meiner Meinung, sich den nationalistischen Gruppierungen und Parteien anzuschliessen, denn diese sind in eklatanter und offensichtlicher Weise menschenfeindlich. Ich weiss selbst auch keine Lösung mehr für diese verkommene gesellschaftliche Situation. Insofern nehme ich mir die Freiheit, darüber zu berichten. Meine ganz eigene Meinung darzulegen und gegen die Traurigkeit anzuschreiben. Ich bin selbst zur Wahl gegangen und habe links gewählt. Nur falls hier jemand meint mir Vorhaltungen machen zu können 😉

Seid gesegnet!

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