Fusion Landkreis Wolfenbüttel mit dem Landkreis Helmstedt – von Hetzern und Gehetzten

25.11.2014

Und nun werden sie doch gehetzt!

Aber dieses mal vom Herrn Innenminister persönlich. Da sagt der Mensch doch, entweder ihr nehmt die 96 Millionen oder ihr laßt es! Tz, tz, tz! Dass es ein Knebelvertrag ist, der die kommunale Selbstverwaltung aushöhlt, das sagt er nicht! Und er sagt auch nicht, dass das Land seit Jahren seine Schulden beim Landkreis Helmstedt und anderen strukturschwachen Landkreisen mit eklatant hohen Soziallasten nicht vollständig bezahlt und damit gegen die eigenen Gesetze verstößt. Warum auch?! Ist doch ok, wenn sich die Landesregierenden an die eigenen Gesetze nicht halten und sich dann der Landtag noch eine Tariferhöhung bei den Zuschüssen für die vier Landtagsfraktionen rückwirkend zum Januar diesen Jahres genehmigt. Und erst im Juli haben sich die ParlamentarierInnen mal eben 2% höhere Bezüge geschenkt. Statt 6260,70 Euro sind es jetzt 6385,91 pro Monat. It´s easy! 🙂

Man kann nun nur hoffen, dass die ehrenamtlichen und mit schmalen Aufwandsentschädigungen versehenen PolitikerInnen in den Landkreisen, vor allem aber im Landkreis Wolfenbüttel jetzt besonnen und abgeklärt genug sind, diesen Drohgebärden aus Hannover zu widerstehen und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dass, wie einschlägige Pressemeldungen verlauten lassen, seiten des Landkreises Helmstedt immer noch keine konkretisierenden Zahlen zugereicht wurden, ist eigentlich kaum fassbar. Denn wenn ich eine Heirat avisiere, dann lege ich der etwaigen neuen Familie doch dar, wie meine Lebensverhältnisse sind, oder nicht?! Also aufrichtige und ehrliche Menschen tun das, um der vermeintlichen neuen Familie Sicherheit und Vertrauen in die neue Verbindung zu geben. Insofern ist es schwer nachvollziehbar, dass der Landkreis Helmstedt noch keine Zahlenwerke an den Landkreis Wolfenbüttel geliefert hat. Nur miteinander Kaffee zu trinken ist ja ganz nett, doch wer so auf die Tube drückt und damit signalisiert, ich brauche einen Partner, der muß auch in Vorleistung gehen.

Aber vielleicht ist das ja auf der einen Seite auch so üblich, immer eine Maximalforderung zu stellen ohne jedwede Vorbereitung. Das ist dann schon etwas dreist, frech und oberflächlich und zeigt, dass man nicht gewillt zu sein scheint, sich adäquat vorzubereiten, um dann auch verhandeln zu können. Es ist durchaus denkbar, dass das hier der Fall ist. Und das wäre dann schon etwas unprofessionell und von der anderen Seite folglich zu überdenken, ob man so einen Partner „ehelichen“ möchte, der nur da steht und von sich gibt:“ Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“.

Seid gesegnet!

„Wolfenbüttel lässt sich bei der Fusion nicht hetzen“, so titel die Braunschweiger Zeitung vom 15.11.2014.

Man wundert sich schon ein wenig, denn erst unlängst hatte der Erste Kreisrat des Landkreises Helmstedt (genannt der Macher) es doch „vorgemacht“, indem er eben mal ein paar Pflöcke einrammen wollte und verlauten ließ: man sei in Fusionsverhandlungen mit dem Landkreis Wolfenbüttel und es gäbe einen eng abgesteckten Zeitrahmen.
Dabei ist man offiziell nicht in Fusionsverhandlungen, da eine einseitige Proklamation noch lange nicht zu einer offiziellen Handlungsaufforderung für die Seite wird, die eben kein Mandat an ihre Hauptverwaltungsbeamte ausgesprochen hat. Doch das ist bei den Hetzern eigentlich Usus: man neigt dazu, einseitig Verträge zu ändern, man setzt einseitig Verlautbarungen in die Welt, die dann auch wirklich mehr als einseitig sind, und man hat auch überhaupt keine Skrupel, zu behaupten, man sei in Verhandlungen, wenn die Gegenseite noch nicht einmal ein entsprechendes Mandat hat. Noch besser, man tut so, als sei man weiter mit Wolfsburg in VErhandlungen, selbst wenn ein Innenminister offiziell bekannt gibt, dass die entsprechenden Verhandlungen gescheitert seien. Da ist man in der Verwaltung des Landkreises Helmstedt recht ambitioniert „einseitig“. Und warum? Weil man vielleicht denkt, man sei das Zentrum der Erde?! Oder weil man vielleicht wenig bis gar nicht denkt?! Who knows?!?

Und nun das: da hetzt der eine los und die andere fühlt ich gar wenig gehetzt, sondern will ganz vernünftig und sachlich auch richtig, erst einmal sondieren und die Fakten sammeln, um sich ein Bild der Situation zu machen. Es ist geradez wohltuend, wenn endlich mal eine Hauptverantwortliche auf die Bremse tritt und die Tatsachen öffentlich benennt.

Noch mehr wundert man sich, dass hier zum ersten Mal eine Hauptverantwortliche klar Stellung bezieht und richtig erkennt: es gibt ein strukturelles Problem! Richtig! Und zwar ein eklatantes! Und richtig: weniger im Landkreis Wolfenbüttel als vielmehr im Landkreis Helmstedt.
Und noch richtiger, wenn auch sublim zum Ausdruck gebracht, es ist das Land Niedersachsen, welches nach dem August 2015 und den Wahlen 2016 Mittel und Wege finden werden muss  (muss!! Anm. der Redaktion), um die Finanzierung seiner Landkreises zu gewährleisten! Wie wahr, wie wahr! Hier scheint durchzuklingen, dass die amtierende Landrätin genau weiß, wie sich die rechtliche Situation in Sachen Finanzierung des Landkreise und damit Schutzschildfunktion eines Bundeslandes gegenüber seinen Landkreises darstellt.

Was meiner Meinung nach beachtenswert ist, ist dass die amtierende Landrätin als erste in diesem Fusionskrimi überhaupt einmal deutlich macht, dass das Datum 2009 als Ausgangssituation für eine etwaige Schuldenhilfe seitens des Landes fixiert wurde. Das ist schon außergewöhnlich, denn bisher haben alle öffentlichen Statements dieses Datum unreflektiert aufgenommen. Hier wurde durch diese Landrätin klar zum Ausdruck gebracht, dass dieses Datum kritisch ist. Richtig! Und richtig ist auch, dass sich seitdem der Verschuldungsgrad vor allem im strukturschwachen Landkreis Helmstedt erheblich gesteigert hat, weil es einfach keine Möglichkeiten mehr gibt, durch den Verkauf von sog. „Tafelsilber“ und ähnlicher „Gimmicks“ hier Abhilfe zu schaffen, zudem ein Landkreis solches Tafelsilber im Gegenssatz zu Städten gerade nicht aufzuweisen hat. Ein Landkreis lebt letzten Endes immer von der Kreisumlage und vor allem davon, dass das entsprechende Bundesland seine finanzielle Schutzschildfunktion wahrnimmt, und zwar derart, dass die anfallenden Kosten aus dem übertragenen Wirkungskreis auch vollständig ausgeglichen werden. Zudem sind natürlich Einkommenssteuer- und Gewerbesteueranteile indirekt für die Finanzierung eines Landkreises wichtig. Doch was, wenn eine Strukturschwäche vorliegt, wie sie eindeutig im Landkreis Helmstedt besteht!?! Hier gibt es eben gerade keine „starken“ Städte! Es gibt keine starken Gewerbesteuerzahler, denn sonst wären die kreisangehörigen Städte und Gemeinden nicht dermaßen verschuldet wie es der Fall ist!
Wie hatte es ein ehemaliger Landrat 2008/2009 einmal so treffend formuliert:“Bei der bestehenden rechtlichen Situation sind wir (Landkreis Helmstedt) dazu verdammt, dem Untergang des eigenen Schiffes zusehen zu müssen, ohne auch nur irgendetwas dagegen unternehmen zu können!“ Das eben diesen Landrat dann noch die damalige eigene Kreistagsmehrheitsfraktion der CDU-FDP daran hinderte, sich einer Klage gegen das Land anzuschließen, was genau diesen „Zwangsknebel“ vor Gericht zu klären hoffte, zeigt sehr deutlich an, dass auch die CDU-FDP keinen Deut besser ist als die zur Zeit aktive Kreistagsmehrheit im Landkreis Helmstedt der SPD-Bündnis90/Die GRÜNEN und damals sogar soweit ging, den zur eigenen Partei gehörigen vom Volk gewählten Landrat in dieser Sache „kleinlaut“ zu machen. Das Ergebnis sieht man heute!
Heute erntet man dann die karge Kost, denn eine Klage gegen die fehlende Konnexität hätte sicherlich ähnlich wie beim Landkreis Neuwied in Rheinland Pfalz zu einem gerichtlichen Sieg geführt und man hätte fortan einen Rechtstitel gegen die Landesministerien, die sich seit Jahren darin gefallen, die fehlende Konnexität wissentlich auszuklammern, wenn es darum geht, die steigenden Soziallasten im Landkreis Helmstedt adäquat auszugleichen.
Und wenn man gerade dabei ist, den Landkreis Neuwied mit seinem wegweisenden Urteil zugunsten eines Landkreises gegen das eigene Bundesland in Sachen ausbleibender Konnexität zu zitieren, so mag man sich vergegenwärtigen, dass auch im Landkreis Helmstedt die Sozialausgaben seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis zum Jahr 2014 um mehrere hundert Prozent gestiegen sind, die Landeszuweisungen sich aber in einem vergleichsweise marginalen Steigerungsbereich von unter 40% bewegen. Das ist nur grob kalkuliert und eine Feinrechnung wird eine noch viel eklatantere Diskrepanz zu Tage fördern. Und genau das ist der Knackpunkt! Die entstehenden Kosten sind rein rechtlich vollständig auszugleichen und nicht nur zu einem mageren Zehntel! Hier wird die verfassungsrechtliche Schutzfunktion des Landes in Sachen Kostenausgleiche im übertragenen Wirkungsbereich ad absurdum geführt und stellt den meiner Meinung nach folgenschwersten Rechtsbruch des Landes gegenüber seinen Landkreisen dar, vor allem gegenüber dem Landkreis Helmstedt.

Und vielleicht hat die amtierende Landrätin aus Wolfenbüttel das längst verinnerlicht und taktiert nun erst einmal, denn sie ist vorsichtig, was man ihr hoch anrechnen darf. Im Gegensatz zum „Macher“ aus dem Landkreis Helmstedt, ist es ja auch geradezu intellektuell, erst einmal gemäß Handlungsauftrag des eigenen Kreistages zu sondieren und die Tatsachen (also Zahlen, Daten, Fakten) auf den Tisch zu bringen und erst dann ein Abschätzung der Handlungsoptionen vorzunehmen und dann in Fusionsverhandlungen zu gehen. So ist es richtig und nicht anders!
Interessant ist auch, dass Sie die Rolle des Landes insofern interpretiert, als das Land keine Moderatoren- sondern eine verantwortliche Vertrags- und Verhandlungspartnerfunktion aufzuweisen habe. Richtig! Genauso ist es! Es ist sogar in der finanziellen Verantwortung und diese laue Nummer mit dem sog. Zukunftsvertrag, der mehr Knebelung als Linderung bedeuten wird, ist im Grunde genommen eine rechte Verballhornung der kommunalen Selbstverwaltung, die – nur so nebenbei angemerkt – grundgesetzlich geschützt ist aber eben in diesem Fall meiner Meinung nach mit Füssen getreten wird.
Man kann also von hier aus nur sagen: Bravo! Endlich taucht eine Verantwortliche auf, die meiner Meinung nach mit der geforderten Vernunft an die Fusionskiste herangeht. Und insofern darf man gespannt sein, denn diese Vernunft, die sich hier zum ersten Mal seit Jahren manifestiert hat, ist mehr als dringend notwendig! Möge Sie weiterhin so klar und vernünftig vorgehen, denn es ist nicht nur eine intellektuelle Wohltat, sondern es ist verantwortungsbewußt gegenüber den BürgerInnen im Landkreis Wolfenbüttel!

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