Regionale Handlungsstrategie des Amtes für regionale Landesentwicklung Braunschweig, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg und Oldenburg – und wo bleibt die verfassungsrechtlich gesicherte kommunale Selbstverwaltung ?!

Teil I

24.11.2014

In diesen Tagen werden die regionalen Handlungsstrategien der Ämter für regionale Landesentwicklung in Niedersachsen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Da scheint ein inhaltlicher Vergleich doch angesagt zu sein, um einmal zu vergleichen wie die Ämter für regionale Entwicklung in Braunschweig, Hildesheim (Leine-Weser), Lüneburg und Oldenburg (Weser-Ems) die förderrelevanten Schwerpunkte in der EU-Förderperiode 2014 – 2020 setzen. Desweiteren wird bei dieser analytisch-kritischen Betrachtung immer wieder Bezug genommen werden auf die kommunale Selbstverwaltung und ihre vorhandenen oder eben abhanden gekommenen Spielräume.

Um Ihnen die Suche zu erleichtern, sind hier zunächst einmal die relevanten Dokumente zum download bereit gestellt. Sie können natürlich auch auf den Homepages der entsprechenden Ämter schauen und dort die Dokumente dann herunterladen, um sie ansehen zu können.

Regionale Handlungsstrategie des Amtes für regionale Landesentwicklung Braunschweig (ARL-BS – Braunschweig)

Regionale Handlungsstrategie des Amtes für regionale Landesentwicklung Leine-Weser (ARL-LW – Hildesheim)

Regionale Handlungsstrategie des Amtes für regionale Landesentwicklung Lüneburg (ARL-LB – Lüneburg)

Regionale Handlungsstrategie des Amtes für regionale Landesentwicklung Weser-Ems (ARL-WE – Oldenburg) plus Tabellenteil

Zunächst fällt ins Auge, dass die einzelnen Handlungsstrategien alleine vom Umfang her sehr unterschiedlich sind.
Am umfangreichsten ist die Handlungsstrategie des ARL-BS, wobei auffällig ist, dass von den 95 Seiten 40 Seiten die eigentliche Handlungsstrategie darstellen und 55 Seiten für die Anhänge (7 Seiten nur für die Nennung der regionalen Verantwortungsträger (S.44-50)) gebraucht werden.
Auf Platz zwei hinsichtlich des Umfangs folgt die Handlungsstrategie des ARL-LB mit 77 Seiten, wovon 66 Seiten die eigentliche Handlungsstrategie darstellen, 2 Seiten beteiligte Verantwortungsträgerschaften und – besonders hervorzuheben – 9 Seiten mögliche Innovationskeimzellen im Zuständigkeitsbereich darstellen!
Mit 46 Seiten ist die Handlungsstrategie des ARL-LW (Hildesheim) auf Platz drei hinsichtlich des Umfangs, wovon 42 Seiten auf die regionale Handlungsstrategie entfallen und 4 Seiten für beteiligte Verantwortungsträgerschaften.
Mit knackigen 22 Seiten tritt die regionale Handlungsstrategie des ARL-WE(Oldenburg) auf, wovon 2 Seiten für die beteiligten Verantwortungsgemeinschaften entfallen. Allerdings darf man dazu noch den gesonderten Tabellenteil mit 19 Seiten zählen, so dass insgesamt 39 Seiten für die eigentliche Handlungsstrategie verbleiben.

Hinsichtlich der Beteiligten ist erkennbar, dass bis auf das ARL-BS alle anderen ARL konzentriert und zielgerichtet vorgegangen sind und sich relevante Organisationen ausgesucht haben. Das ARL-BS hat nicht alle Wirtschaftsförderungs- und Tourismusmarketing-Institutionen angesprochen. Die ARL-BS hat z. B. den Landkreis Helmstedt als Institution zwar angesprochen und beteiligt, nicht aber die Wirtschaftsförderung und den ansässigen Tourismusverband „Tourismusgemeinschaft Elm-Lappwald e. V.). Man möge selbst einmal die Beteiligtenliste des ARL-BS studieren und stellt schnell fest, dass das ARL-BS bei allen anderen Landkreisen und Städten im Amtsbezirk immer auch die zugehörige Wirtschaftsförderungs- und Tourismusmarketing-Institution beteiligte. Nicht so beim Landkreis Helmstedt!
Das mag daran liegen, dass der Leiter des ARL-BS selbst Landrat in diesem Landkreis Helmstedt war oder er hegt vielleicht immer noch persönliche Resentiments gegen den Verantwortlichen vor Ort, der einst gegen ihn in einem im Nachhinein unfairen und mit folgenden Diziplinar- und Umorganisationsangriffen versehenen Landratswahlkampf anzutreten wagte. Der Verantwortliche bin ich selbst 🙂 Dass diese Vorgehensweise wenig sachlich und zudem diskriminierend ist, mag dahingestellt sein, dass es aber der Institution schadet, steht außer Frage. Natürlich mag man nun eine perfide Zersetzungsstrategie gegen den Verantwortlichen vor Ort mutmaßen, denn seit dem Jahr 2011, in dem dieser Heilsbringer bei der damaligen Landratswahl verdient obsiegte, ist der Verantwortliche vor Ort an allem Schlechten schuld, was dem Landkreis Helmstdt je wiederfahren ist und – noch sublimer – vermeintlich zukünftig passieren wird! Doch diese persönlichen Animositäten eines karriereorientierten Heilsbringers sind hier nicht das Thema!

Kommen wir zu einem organisatorischen Aspekt im Amtsbezirk des ARL-BS, der Schnittmengenproblematik. Sie ist deshalb von Bedeutung, weil es in den Zuständigkeitsräumen eine Mixtur von gesetzlich und freiwillig etablierten Institutionen gibt, die sich sowohl um Bundes- und Landesmittel, wie auch um Europamittel bewerben und oder diese seit Jahren akquirieren, um sowohl gesetzliche wie auch freiwillige Dienstleistungen auszuführen. Un diese Mixtur dürfte in den nächsten Jahren noch zu spürbaren Unstimmigkeiten führen, denn wenn sich die Elefanten streiten leidet nur das Gras, wie ein afrikanisches Sprichwort dazu passend aussagt. Will sagen, wenn sich so viele verschiedene Institutionen um Fördergelder balgen, dann kann das zu erheblichen Verschiebungen und sogar zum Ausdünnen der Wirksamkeit von Fördergeldern führen.
Für den Bereich Südniedersachsen und das sogenannte Südniedersachsenprogramm kann eine augenfällige Schnittmenge der Handlungsstrategien des ARL-BS und ARL-LW konstatiert werden. Das Südniedersachsenprogramm umfasst die Landkreise Goslar, Göttingen, Northeim, Holzminden und Osterode sowie die Stadt Göttingen. Während die Landkreise Goslar, Göttingen (plus Stadt Göttingen), Northeim und Osterode dem ARL-BS zugeordnet werden, wird der Landkreis Holzminden dem AFL-LW zugeordnet. Für das Südniedersachsenprogramm wurde eine gesonderte Organisation eingerichtet, das Projektbüro Südniedersachsen. Dieses ist sowohl dem ARL-BS in Braunschweig als auch dem ARL-LW in Hildesheim zugeordnet,  selbst aber in Göttingen ansässig.
In Südniedersachsen hat sich der Regionalverband Südniedersachsen e. V. zur weiteren Entwicklung seines Zuständigkeitsbereichs (Landkreise Göttingen, Goslar, Holzminden, Northeim und Osterode) bereits in vielfältigster Weise schriftlich fixiert und eine eigene Handlungsstrategie veröffentlicht. Der Zweckverband Großraum Braunschweig, der, im Gegensatz zum Regionalverband Südniedersachsen e. V., ein gesetzlich basierter Zweckverband ist und mit entsprechenden „Zwangsabgaben“ in Millionenhöhe seitens seiner Mitglieder finanziert wird, erfüllt spezielle gesetzliche Aufgabenstellungen. Hier ergibt sich eine weitere Schnittmenge mit dem Mitglied Landkreis Goslar sowohl zum ARL-BS als auch zum Regionalverband Südniedersachsen e. V.  und dem Projektbüro des Südniedersachsenprogramms. Interessant, oder nicht?!?
Um es noch etwas zugespitzter darzustellen, darf man die Allianz für Region GmbH in Braunschweig nicht vergessen, in der der Landkreis Goslar als kommunaler Gesellschafter ebenfalls vertreten ist. Und dann gibt es da noch die Metropolregion Hannover – Braunschweig – Göttingen, die wiederum Schnittmengen zum ARL-BS, dem ARL-LW, der Allianz für die Region GmbH, dem Südniedersachsenprogramm, dem Regionalverband Südniedersachsen e. V. und dem Zweckverband Großraum Braunschweig aufzuweisen hat. Und alle insgesamt bemühen sich nach Kräften, für die jeweilige Institution so viel Fördermittel einzuwerben wie es nur irgendwie möglich ist.
Ich sagte für die Institution, nicht für deren Mitglieder!
Die kommunale Selbstverwaltung besteht hier vermutlich nur noch darin, Budgets abzunicken, um diesen Institutionen eine kommunale Legitimation zu geben, die dann z. B. und u.a. steuerrechtliche Vorteile mit sich bringen kann und den Zugang zu vielen staatlichen Fördermitteln überhaupt erst legitimiert. Wichtiger ist  m. E. aber, dass das Land seit Jahren solche Zusammenschlüsse mit Millionen von Fördergeldern versieht eben weil die Kommunen als Gesellschafter und mit z. T. erheblichen Förderbudgets dort einen vermeintlich größeren Kontext an Themen abdecken können. Diese „neuen Verantwortungsgemeinschaften“ sollen laut Interpretation der Verantwortlichen in diesen Institutionen seitens der EU richtig sexy sein. Und deshalb fliessen zudem noch Millionen an EU-Subventionen in diese Konstrukte. Hier füttert man also sogenannte PPP mit Fördermitteln an und wenn man genau hinsieht, so sind alleine bei den Gesellschaftern und Mitgliedern der PPP-Institutionen diverse Großunternehmen, bei denen interessanterweise sogar das Land Anteile in nicht unerheblicher Größe hat.
Nur was genau kommt denn bei den kommunalen Gesellschaftern und Mitgliedern an Fördergeldern noch an!?!
Wird mit diesen Geldern vor Ort irgendein Haus gebaut, eine Straße, eine neue Bahnlinie, gibt es Fördergelder für kleine und mittlere Unternehmen?!
Alles Fehlanzeige!
Das Geld wird in genau den eben genannten PPP-Institutionen eingesetzt und dort entstehen dann ein paar Handvoll Arbeitsplätze, meist sogar noch projektbefristet. Es werden öffentlichkeitsträchtige Netzwerkeranstaltungen lanciert – alles natürlich mit den kommunalen Kofinanzierungen und den Bundes-, Landes- und EU-Fördergeldern – und schöne Gutachten und Werbematerialien gedruckt, doch vor Ort, in den Dörfern und kleinen Städten kommt kaum mehr etwas von den Millionen an Steuergeldern an, außer der frohen Kunde, wir tun das Alles doch nur zum Wohle Aller! Na super….

Jetzt kennen Sie auch einen Grund, weshalb man mich nicht mag! Ich kritisiere seit Jahren diese die kommunale Selbstverwaltung zerstörende Vorgehensweise und ich habe natürlich auch den Heilsbringer mit seinen vermeintlich schönen neuen Verantwortungsgemeinschaften genau in diesem Punkt kritisiert! Mein Fokus liegt auf den vielen Städten und Gemeinden außerhalb der Großstädte und ich messe den Erfolg einer Förderung mit Steuermitteln daran, was genau vor Ort an neuen Einrichtungen entsteht oder wieviele kleine und mittlere Unternehmen für ihre Investitionen eine staatliche Unterstützung bekommen. Aber wie gesagt, das ist hier nicht Thema.

Sind das etwa die neuen Verantwortungsgemeinschaften, von denen der Leiter des ARL-BS seit Jahren spricht und die fast wie selbstverständlich auch in der regionalen Handlungsstrategie des ARL-BS benannt werden!? So nimmt es nicht Wunder, dass die regionale Handlungsstrategie des ARL-BS die einzige von den vier vorgelegten Handlungsstrategien in Niedersachsen ist, die die Begriffe der regionalen Verantwortungsträger und der regionalen Verantwortungsgemeinschaft benennt! Auf S.9 wird sogar konstatiert: „Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung der Region wird daher auch die Bildung neuer regionaler Verantwortungsgemeinschaften sein.  Insbesondere werden Stärkung und Ausbau der funktionalen und räumlichen Zusammenhänge von Städten und ländlichen Räumen durch enge Kooperation der Gebietskörperschaften erforderlich werden. Auch wird zur Bewältigung der kommunalen Finanzprobleme die Neuorganisation von Aufgaben und Verwaltungseinheiten zunehmend wichtiger. „
Welche das sein sollen, bleibt so nebulös wie die gesamte Handlungsstrategie des ARL-BS konfus ist im Vergleich zu den klar gegliederten Handlungsstrategien der anderen Ämter für regionale Landesentwicklung aus Hildesheim, Lüneburg und Oldenburg. Und – entschuldigen Sie bitte die Frage, haben wir in diesem Amtsbezirk nicht schon genügend „neue regionale Verantwortungsgemeinschafte“!? Brauchen wir unbedingt noch weitere?! Ich denke, wir müssen eher dafür Sorge tragen, die einige dieser neuen regionalen Verantwortungsgemeinschaften schnell wieder abgeschafft werden, damit nicht hunderte von Häuptlingen sich um den Topf streiten, sondern nur noch eine Handvoll!

In den regionalen Handlungsstrategien wird meist ein NIW-Gutachten als wissenschaftliche Grundlage genannt. Sie können sich diese Analysen auf der Homepage des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung ansehen und herunterladen.

Eben wurde angesprochen, dass die NUTS-III-Ebenen, also die Landkreise (und ihre kreisangehörigen Städte und Gemeinden) sowie die kreisfreien Städte bei den regionalen Handlungsstrategien auf der Strecke bleiben könnten. Ist dem so?! Die Antwort lautet in diesem Kontext Jein. Schauen wir dazu einmal in das grundlegende Dokument: Niedersächsisches fonds- und zielgebietsübergreifendes Operationelles Programm für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) – Multifondsprogramm – für die EU-Strukturfondsförderperiode 2014-2020.
Das Dokument ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes noch nicht von EU notifiziert worden.
Es wird allerdings offensichtlich, dass das Land sich „ganz modern“ an die Vorgaben des Programms EUROPA 2020 halten will und hier mal eben die NUTS-III-Ebene ins Abseits schickt. Hier kann also die Antwort JA zum Zuge kommen.
Nein kommt dann zum Zuge, wenn man sich einzelnen regionalen Handlungsstrategien genauer ansieht, hier vor allem die Tabellen. Dann wird schnell offensichtlich, dass bis auf die ARL-BS alle anderen häufig geographische Bezüge zur NUTS-III-Ebene darstellen und damit auch indirekt verorten. Also kommen auf diese Weise die Projektvorschläge der NUTS-III-Eben doch wieder zum Zuge, wenn auch etwas versteckt. Bei der regionalen Handlungsstrategie des ARL-BS dagegen wird stets von Amtsbezirk gesprochen. Durch diese Verwässerung wird die NUTS-III-Ebene ausgeschlossen und man verlagert die Entscheidungen über etwaige Projekte auf auf das ARL-BS und die dortigen Gremien. Das ist mit Verlaub, wenn man nur etwas strategische Kenntnisse hat, der Beginn einer Form von Hinterzimmerpolitik und schadet vielleicht sogar dann den konkreten Vorstellungen der jeweiligen NUTS-III-Ebene hinsichtlich ihrer Projekte. Auf gar keinen Fall ist es akzeptabel, dass sich eine regionale Handlungsstrategie und damit eine ARL-BS anmaßt, eindeutig dem Innenministerium zugeordnete Rechtsbefugnisse zu übernehmen, es sei denn, ja, es sei denn, das Innenministerium hat das freigegeben, wovon ich zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Essays nicht ausgehe.

Zu den Tabellen oder den dort genannten operativen Zielen und Maßnahmen komme ich in Teil II.

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